Die Entwicklunshilfsorganisation hat Visionen. Aber statt zum Arzt zu gehen, formuliert sie die mit hochtrabenden Worten: «Unsere Vision ist eine Welt, in der wir den Hunger überwunden haben und auch die ärmsten Menschen ein gesundes, würdevolles und selbstbestimmtes Leben leben.»
Leider entfernt sich der Teil der Welt, in der Swissaid diese Vision auszuleben versucht, immer mehr von diesem edlen Ziel. Warum nur, fragt sich Swissaid verzweilfelt. Und findet eine wohlfeile Antwort:
«Krisen, Klimawandel und die Konzentration der Märkte treiben die Lebensmittelpreise in die Höhe. Im Tschad beispielsweise kostet das Kilo Reis heute doppelt so viel wie vor einem Jahr. Ähnlich sieht es in Indien und Myanmar aus.»
Vielleicht darf man erwähnen, dass Swissaid dort seit Jahren tätig ist und bereits viele Millionen verbraten hat. Offensichtlich sinn- und wirkungslos. Die ganze Tragödie dieser «Vision» zeigt sich im Lösungsvorschlag von Swissaid:
«Der Weg aus dem Hunger führt über eine lokale, nachhaltige Landwirtschaft.»
Das ist natürlich blühender Unsinn. Zunächst ist es nicht der Klimawandel und die Konzentration der Märkte, die die Lebensmittelpreise in die Höhe treiben. Und Krisen, das schon, aber anders, als sich Swissaid das vorstellt.
Es gibt zum Beispiel neue Ernährungsquellen wie der «goldene Reis», der segensreich gegen Vitaminmangel wirkt, ein übles und häufiges Problem in Weltgegenden, in denen die Ernährung nicht sichergestellt ist. Aber dank dem unermüdlichen Kampf von Gesinnungsgenossen von Swissaid ist dessen Anbau in vielen Gegenden der Welt bis heute verboten. Denn er ist, oh Graus, mit Biotechnologie entwickelt worden, also mit Genveränderung.
Wie seit Jahrhunderten führen Klimaveränderungen eben zu Veränderungen im Anbau von Lebensmitteln. Darüber kann man jammern – oder darauf reagieren.
Stichwort Krisen, das hat allerdings was, nur nicht so, wie Swissaid das meint. Es gibt zum Beispiel eine Düngemittelkrise. Das liegt daran, dass die grössten Düngemittelproduzenten – in Russland stehen. Und zum Teil sanktioniert werden, zumindest wird ihnen der Marktzugang erschwert. Das wiederum führt dazu, dass die Preise für Düngemittel steigen. reiche Erstweltländer können sich das leisten. In Schwarzafrika wird deswegen eine neue Hungersnotwelle erwartet. Darüber verliert Swissaid kein Wort.
Und schliesslich, lokale oder «nachhaltige» Landwirtschaft, was immer das sein mag, ist viel weniger produktiv als moderner Anbau von Nahrungsmitteln. So wie der kleine Detailhändler schon längst gegenüber Grossverteilern aufgeben musste. Man mag das nostalgisch bedauern. Aber niemand käme auf die Idee, seine Wiederauferstehung zu fordern, damit die Quantität und Qualität des Gebotenen besser würde.
So abgehoben kann nur eine NGO sein, bei der Ideologie viel wichtiger ist als die Analyse der Wirklichkeit.