Ist so etwas seriös und wert, mit Steuergeldern finanziert zu werden?
Swissaid ist eigentlich für Hilfsaktionen in ausgewählten Ländern der Dritten Welt zuständig. Dabei zeigt die NGO eine fatale Vorliebe für die Unterstützung von Diktaturen. Wie in Nicaragua oder Myanmar. Wie auch immer, durch diese meistens wirkungslosen Hilfsprojekte kommt Swissaid nicht so häufig in die Schlagzeilen wie gewünscht.
Also hat sich die NGO, obwohl das ausserhalb ihrer Kernkompetenzen liegt, mit dem Thema Gold ein publizistisches Standbein geschaffen. Sie veröffentlicht regelmässig Gold-Reports, wo sie von dunklen Goldströmen, üblen Machenschaften, Bürgerkriegsgold, Russengold, schmutzigem Gold in düsteren Andeutungen schwelgt.
Bewiesen ist dabei nichts, vermutet vieles. Als Quellen dienen häufig die Erkenntnisse von anderen NGOs, die auf genauso ungesicherten Faktenbasen beruhen. Aber wer sich auf eine Behauptung einer Behauptung abstützt, die wiederum auf einer Behauptung basiert, der verschleiert die Quelle seiner Erkenntnis genügend, um seine eigene Aussage als erstellt bezeichnen zu können.
Damit schafft man sich das Renommee eines Fachmanns. Das ist in der Schweizer Medienszene gar nicht so schwierig. Ist man erst mal in den Status eines Experten gerutscht, völlig unabhängig von einer allfälligen Qualifikation dafür, dann wird man gerne und häufig als «Experte» zitiert. Wie Marc Ummel von Swissaid, der «Gold-Experte».
Und je häufiger das passiert, desto einbetonierter ist der Status als Experte.
Ein schönes Beispiel dafür ist die Meldung des staatlichen Gebührensenders SRF auf seiner Webseite srf.ch:
«Mysteriöser Anstieg zentralasiatischer Goldimporte in die Schweiz. Vieles deutet darauf hin, dass das Gold aus Russland stammt, was ein Verstoss gegen die Sanktionen wäre.»
Da ist schon alles Elend des modernen Vermutungsjournalismus› drin.
Zunächst einmal wird eine Faktenbasis geschaffen. Laut einer Statistik des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit seien die Importe von Gold aus Osteuropa in den letzten Jahren stark gestiegen. So seien allein aus Usbekistan und Kasachstan 2023 knapp 190 Tonnen Gold im Wert von 10,6 Milliarden Franken importiert worden.
Nun kommt’s: «Fachleute erklärten gegenüber SWI swissinfo.ch, dass solch grosse Mengen verdächtig seien.» Nächster Schritt, eine immer zur Verfügung stehende professorale Unke meldet sich zu Wort: «Da Russland sein Gold nicht mehr frei exportieren kann, besteht ein hohes Risiko, dass diese beiden Länder dazu genutzt werden, Gold nach Grossbritannien und in die Schweiz zu schicken, damit es dann wieder auf den Weltmarkt gelangt», glaubt insbesondere Mark Pieth, Professor für Strafrecht und anerkannter Experte im Kampf gegen Korruption.»
Nun kommt kurz eine Art Entwarnung, der Objektivität halber: «Die LBMA (London Bullion Market Association), eine Art Aufsichtsbehörde für den Goldhandel, erklärte, dass das Gold internationalen Qualitäts- und Herkunftsstandards entspreche.»
Ach Quatsch, nun kommt zum krönenden Abschluss DER Experte zu Wort: «Marc Ummel, Leiter Rohstoffe bei Swissaid, einer NGO, die insbesondere den internationalen Goldhandel untersucht, fasst zusammen: «Gelangt russisches Gold in diese Ströme? (…) Wenn man sich die Reaktionen der Industrie anschaut, sehen einige das Risiko direkt, andere verschliessen die Augen.»»
Nachdem er schon mit kräftigeren Aussagen etwas ins Gestrüpp fuhr, sagt er hier eigentlich im Wesentlichen, dass er nichts sagt. Was genau fasst der «Leiter Rohstoffe bei Swissaid» eigentlich zusammen? Gar nichts sagt er. Ist nun (verbotenes) russisches Gold dabei? Genaues weiss Ummel nicht. Daher sagt er kryptisch, dass «einige» Risiken sähen, andere nicht.
Was will er damit sagen? Eigentlich nur, dass er froh darüber ist, mal wieder als Experte auftreten zu dürfen, wobei sein Name und der von Swissaid richtig geschrieben wurde. Ansonsten wäre Schweigen Gold gewesen, denn eigentlich gibt es nur eine Nullaussage von ihm. Eine undeutliche Unterstellung, dass es möglicherweise, vielleicht in Goldimporten in die Schweiz auch russisches Gold haben könnte.
Was er zum Beispiel nicht sagt: lagerte dieses Gold noch vor dem Beginn der Sanktionen in anderen Ländern, dann wäre der Handel damit, auch der Import in die Schweiz, völlig legal. Aber mit solchem Zeugs will sich Ummel doch nicht seinen Ruf als Goldexperte in Frage stellen lassen.
Wobei, was für ein Ruf? Und worauf beruht der?